Freitag, 22. Januar 2016

"Warum sind Russlanddeutsche so ernst und schweigsam?"

Also wenn das Wesensmerkmal der Russlanddeutschen das Schweigen ist, ist zumindest der wortgewaltige und viel zu viel denkende und redende Autor dieser Zeilen kein Russlanddeutscher. Aber dennoch ist es sehr treffend, was auf folgende Frage in den Weiten des Internets geantwortet wurde:

"Warum sind Russlanddeutsche so ernst und schweigsam?
Arbeite mit russlanddeutschen Leuten zusammen. Alle sind sehr sehr ernst, still, wortkarg. Das habe ich schon bei anderen Russlanddeutschen festgestellt. Aber warum ist das bloß so?"

Die sehr gute Antwort lautete:

"Weil wir uns selbst immer und überall erklären mussten und mmer noch müssen. Wir waren auch in Rußland bzw. /Kasachstan Aussiedler - und lange Zeit "Volksfeinde". In Russland haben wir uns für all das, was Nazis im 2 Welkieg angerichtet haben verantworten müssen, hier hält man uns für Russen - also halten wir wieder für vieles den Kopf hin. In Russland wurden wir bestraft dafür, dass wir Deutsch sprachen (verprügelt, ausgelacht, beschimpft), hier hält uns keiner für Deutsche. Schweigen ist halt Gold. Wir sind kene Russen, kein Russe sieht in uns einen Russen und kein Rußlanddeutscher sieht sich als Russen. Alle Versuche dies einem hiesigen Deutschen zu erklären scheitern, ihr versteht das einfach nicht. Komischerweise macht man hier keinen Unterschied zwischen Nationalität (also Staatsbürgerschaft) und Volkszugehörigkeit, man kann doch aber z.B. türkischer Volkszugehöriger mit deutscher Staatsbürgerschaft sein, oder deutscher Volkszugehöriger mit norwegischer Staatsbürgerschaft. Das "Deutsche" das wir haben, gibt es gar nicht mehr. Menschen (jeglicher Volkszugehörigkeit) die auswandern "konservieren" das, was sie aus ihrer Heimat mitnehmen (Sprache, Bräuche usw.) und geben es ihren Kndern lange Zeit weiter. Viele Rußlanddeutsche (besonders die aus Sibirien) lebten in etwa so, wie die Amischen in Amerika, es gab und gibt immer noch Dörfer in denen fast ausschliesslich Rußlanddeutsche leben - unter sich sprachen und sprechen sie nur ein altes Plattdeutsch, sie sind meistens sehr religiös, konservativ, sehr fleissig. Besonders in den 90-er gab es nach dem Zerfall der UdSSR Nationalitätenkonflikte, ein Russe der in Kasachstan lebte sollte gefälligst nach Russland gehen und ein Kasache der in Russland lebte nach Kasachstan - und die Russlanddeutschen halt nach Deutschland. Die deutschen Gesetze hiessen uns willkommen, die Deutschen aber nicht. Also schweigen wir, die meisten sind es gewohnt nicht willkommen zu sein. Mein Großvater sagte mal lachend: " Wenns uff m Mond Luft gewe tät, hätta ma villeicht dort drowa unsera Heissla gebaut und Mondrosen ogplonzt". Dies soll keine Klage sein. Ich persönlich bin zufrieden mit meinem Leben hier. Habe auch keine Probleme mit mir selber hier, war erst 13 bei meiner Umsiedlung nach Deutschland. Ich kenne aber die Probleme der Aussiedler, sehe diese an meinen Eltern. Einer der sich mal mit der Mentalität der Aussiedler näher befasste , beschrieb es so "sie stehen auf einer Brücke die von beiden Seiten brennt" . Irgendwie können die meisten nicht runter von dieser Brücke. Viele sind auch wirklich sehr, sehr schüchtern, wie Kinder. Wenn man sie aber näher kennenlernt und sie dein Vetrauen gewinnen, dann hat man die besten Freunde mit denen man so schön Feiern kann und unzählige Kilos zulegen, weil sie so königlich kochen. Meine Generation kennt diese Probleme natürlich nicht."
schweigende Russlanddeutsche